In einer Grundsatzentscheidung hat das Berufungsgericht des Einheitlichen Patentgerichts (Unified Patent Court/UPC) festgestellt, dass im Fall einer nicht angekündigten Klage der Kläger die Verfahrenskosten tragen muss, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat und diese sofort anerkennt. RGTH trägt mit der Vertretung der Beklagten zur Entscheidung der bis dato offenen rechtlichen Frage bei.
Verzicht auf Patentrechte nach überraschender Nichtigkeitsklage
Dem Berufungsverfahren vorausgegangen war eine Nichtigkeitsklage, die die Klägerin Stäubli am 18. Oktober 2023 gegen zwei ehemalige Patentinhaberinhaber des europäischen Patents 3 170 639 eingereicht hatte. Die Klage kam für die Beklagten vollkommen unerwartet, da sie im Vorfeld nicht von der Klageabsicht unterrichtet worden waren und daher keine Gelegenheit hatten, vor Klageerhebung auf das Patent zu verzichten.
Die beiden Beklagten, vertreten durch Daniel Hoppe (Kanzlei BONABRY) und durch Thomas Schart und Dr. Christoph Bartels (RGTH), entschieden sich, auf das Patent zu verzichten. Die Verteidigung argumentierte folgerichtig, dass die erfolgreiche Klägerin die Kosten des Verfahrens tragen muss, da die Beklagten keinen Anlass zur Klage gegeben und diese sofort anerkannt haben. Gegen eine entsprechende Entscheidung der UPC-Zentralkammer in Paris legte die Klägerin Berufung ein.
Berufungsgericht UPC CoA bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung
Wie alle Berufungsfälle im Zusammenhang mit Einheitspatenten wurde das Verfahren vom Berufungsgericht des Einheitlichen Patentgerichts (UPC CoA) in Luxemburg entschieden. Dieses bestätigte am 26. März 2025 die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung.
Nach Ansicht des UPC CoA hätte die Klägerin die Patent-Mitinhaber vor Einreichen der Klage informieren und sie zum Verzicht auf das Patent auffordern müssen. Da ein Rechtsstreit auf diesem Wege gar nicht notwendig gewesen wäre, muss nach der Entscheidung des UPC CoA die Klägerin die Verfahrenskosten tragen.
UPC-Berufungsfall: RGTH trägt zur Entscheidung in einer bisher offenen rechtlichen Frage bei
Für Inhaber von Einheitspatenten und europäischen Patenten ist die Entscheidung insofern richtungweisend, als es dazu bislang keine gesetzliche Normierung im EPGÜ (Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht) gab. Während in der deutschen Zivilprozessordnung nach § 93 klar geregelt ist, dass der Kläger die Prozesskosten tragen muss, wenn der Beklagte keinen Anlass für eine Klage gegeben hat, war diese Frage in Bezug auf Einheitspatente bis jetzt offen. Die Entscheidung entspricht dem grundsätzlichen Ansatz des UPC, Patentstreitigkeiten EU-übergreifend schneller, effizienter und mit einheitlicher Wirkung zu entscheiden. Gleichzeitig gewinnen Patentinhaber mit der Bestätigung der erstinstanzlichen UPC-Entscheidung die Sicherheit, dass sie im Falle einer Nichtigkeitsklage zusätzlich zum Verlust des Patents nicht auch noch die Prozesskosten tragen müssen.
Einheitliches Patentgericht: Rechtssicherheit für Inhaber europäischer Patente
Das Einheitliche Patentgericht (Unified Patent Court, UPC) ist seit Juli 2023 als gemeinsames Gerichtssystem für alle Streitigkeiten rund um europäische Patente mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatente) sowie europäische Patente zuständig. Als Baustein eines zentralen, optimierten europäischen Patentsystems soll der UPC dazu beitragen, Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, um Patentinhabern über alle Mitgliedstaaten hinweg eine größere Rechtssicherheit zu bieten. UPC-Entscheidungen gelten einheitlich in allen derzeit 18 EU-Mitgliedstaaten, die das EPG-Übereinkommen ratifiziert haben.
RGTH: Wir vertreten Ihre Rechte in Bezug auf Einheitspatente und europäische Patente
Ganz gleich, ob Sie Unterstützung bei der Patentanmeldung oder kompetente Beratung bei Patentstreitigkeiten benötigen – die Patentanwälte von RGTH beraten Patentinhaber in allen Fragen rund um Einheitspatente und europäische Patente. Mit unserer langjährigen Expertise und ausgeprägtem Branchen-Know-how vertreten wir Ihre Ansprüche vor dem UPC.
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