Mit der Einführung eines Einheitspatents hat die Europäische Union einen bedeutenden Schritt zur Vereinheitlichung des Patentwesens in Europa gemacht. Natürlich gab es auch schon vor dem Einheitspatent wirksame Schutzmöglichkeiten. Das europäische Einheitspatent macht es Erfindern und Unternehmen aber wesentlich einfacher, einen einheitlichen Schutz für ihre Erfindungen zu erwirken.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Einheitspatent?
- Was ist das Einheitliche Patentgericht?
- Wie kann man das Einheitspatent beantragen?
- Was kostet das Einheitspatent?
- Was sind die Vor- und Nachteile des Einheitspatents?
- RGTH: Kompetente Beratung rund um das Einheitspatent
Was ist ein Einheitspatent?
Bei dem Einheitspatent (englisch: Unitary Patent – UP), handelt es sich um einen speziellen Patentschutz, der gleichzeitig in mehreren EU-Mitgliedstaaten gilt, ohne dass der Patentschutz in jedem Land separat beantragt und aufrechterhalten werden muss. Erfinder und Unternehmen, die den einheitlichen Schutz beantragen, erhalten nur ein einziges Patent, das seine Wirkung in allen Ländern entfaltet, für die der Schutz besteht.
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Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung als Vorgänger des Einheitspatents
Erfinder und innovative Unternehmen können bereits seit 1977 europäische Patente (EP) erlangen, um ihre Erfindungen über die eigene Landesgrenze hinaus wirksam zu schützen. Dank eines zentralisierten Patenterteilungsverfahrens blieb es ihnen erspart, den Patentschutz separat in jedem einzelnen EU-Mitgliedsstaat zu beantragen. Stattdessen erteilte das Europäische Patentamt (EPA) im Anschluss an eine Überprüfung der Schutzfähigkeit das europäische Patent.
- Der Vorteil: Erfinder und Unternehmen müssen sich nicht einzeln an die nationalen Ämter der Länder wenden, in denen der Schutz gelten soll.
- Der Nachteil: Das europäische Patent muss in jedem Land, für das es beantragt wird, validiert und aufrechterhalten werden.
Das bedeutet: Wird das Patent beispielsweise in Italien angefochten, übertragen, durchgesetzt oder vernichtet, hat dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Patents in den anderen europäischen Ländern, für die der Patentschutz über das EPA beantragt wurde. Neben einem erheblichen Aufwand entstehen durch diese Art der Patentverwaltung auch hohe Kosten für Patentinhaber – beispielsweise für Übersetzungen in die jeweilige Landessprache, Validierungsgebühren oder Kosten für den Patentanwalt.
Das EU-Einheitspatent, offiziell „Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“ genannt, soll hier Abhilfe schaffen.
In welchen Ländern gilt das EU-Einheitspatent?
Das europäische Einheitspatent, umgangssprachlich auch EU-Patent genannt, trat im Juni 2023 in Kraft und soll sich langfristig auf insgesamt 25 EU-Mitgliedsstaaten erstrecken. Bisher gilt es allerdings nur in 17 EU-Mitgliedsstaaten, die eine verstärkte Zusammenarbeit beim einheitlichen Patentschutz unterstützen und das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) ratifiziert haben. Hierzu zählen:
- Belgien
- Bulgarien
- Dänemark
- Deutschland
- Estland
- Finnland
- Frankreich
- Italien
- Lettland
- Litauen
- Luxemburg
- Malta
- Niederlande
- Österreich
- Portugal
- Schweden
- Slowenien
In welchen Ländern muss der Patentschutz separat beantragt werden?
Benötigen Patentinhaber darüber hinaus Patentschutz in europäischen Ländern, die zwar an der verstärkten Zusammenarbeit im einheitlichen Patentsystem teilnehmen, aber das Einkommen bisher nicht unterschrieben haben, müssen sie ein entsprechendes europäisches Patent gesondert bei den nationalen Behörden validieren. Zu diesen Ländern zählen Griechenland, Irland, Polen, Rumänien, die Slowakei, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.
Darüber hinaus hat das EU-Einheitspatent keine Gültigkeit in Großbritannien, Kroatien, Norwegen, der Schweiz, Spanien und der Türkei. Außerdem umfasst das Einheitspatent auch nicht den Patentschutz in Ländern außerhalb der EU. Hier müssen Patentanmelder eine separate Anmeldung in jedem einzelnen Zielland einreichen.
Gut zu wissen: Da der geografische Geltungsbereich des Einheitspatents während seiner gesamten Laufzeit unveränderlich bleibt, kann er auch nicht einfach auf Staaten ausgeweitet werden, die das EPGÜ nachträglich ratifizieren, sondern muss für diese Nachzügler ebenfalls gesondert beantragt werden.
Was ist das Einheitliche Patentgericht?
Bei Fragen der Rechtsgültigkeit oder der Verletzung von Einheitspatenten ist das Einheitliche Patentgericht (EPG), englisch Unified Patent Court (UPC), zuständig. Dabei handelt es sich um ein übernationales Gericht, das von den EU-Mitgliedsstaaten ins Leben gerufen wurde, die das internationale Übereinkommen zur Einführung des Einheitspatents unterzeichnet haben.
Patentinhaber, die ihre Rechte aus Einheitspatenten durchsetzen wollen, oder Dritte, die den Widerruf eines entsprechenden Patents erreichen wollen, wenden sich an diese Instanz. Die Einführung des EPG erspart den Patentinhabern Rechtsstreitigkeiten in mehreren Ländern. Das Gericht trifft eine Entscheidung, die in allen beteiligten Staaten einheitlich gilt. Gleichzeitig erhöht sich die Rechtssicherheit für Patentinhaber, da die Rechtsprechung der beteiligten Staaten bei Patentverletzungen und die Rechtsgültigkeit von Patenten, harmonisiert wurden. Gerichtsverfahren werden dadurch einfacher, schneller und effizienter.
Wie kann man das Einheitspatent beantragen?
- Schritt 1: Um das Einheitspatent zu erhalten, beantragen Erfinder und Unternehmen zunächst ein europäisches Patent beim European Patent Office (EPO).
- Schritt 2: Im Anschluss an die Erteilung des Patentschutzes gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) stellen Patentinhaber einen „Antrag auf einheitliche Wirkung“ des Patentschutzes.
- Dieser Antrag muss für alle, zurzeit 17, teilnehmenden Staaten gestellt werden und darf keine unterschiedlichen Ansprüche für verschiedene Mitgliedsstaaten enthalten.
- Der Antrag muss spätestens einen Monat nach Bekanntmachung der Erteilung des EU-Patents im Europäischen Patentblatt beim EPA eingereicht werden.
- Schritt 3: Für den Antrag, der sowohl schriftlich als auch online eingereicht werden kann, benötigen Patentinhaber eine Übersetzung des europäischen Patents. Ist die Verfahrenssprache Deutsch, benötigen sie eine vollständige Übersetzung der Patentschrift ins Englische und Französische.
- Schritt 4: Nach erfolgreicher Einreichung erhalten Patentinhaber ein Einheitspatent, das seine einheitliche Wirkung in allen teilnehmenden europäischen Staaten entfaltet.
Zuständigkeit des EPA ausschließen: die Opt-out-Erklärung
Das Einheitspatent ist eine zusätzliche Option, die den Patentschutz in den teilnehmenden europäischen Staaten für Patentinhaber vereinfachen und die Rechtsprechung für Kläger und Beklagte harmonisieren soll. Was Patentinhabern einerseits zahlreiche Vorteile bietet, kann sich andererseits auch als Nachteil erweisen, wenn das Patent von Dritten angegriffen und für nichtig erklärt wird. In diesem Fall würde der Patentschutz in allen 17 teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten aufgehoben werden.
Um die ausschließliche Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) zu umgehen, gibt es für eine Übergangsfrist von sieben Jahren nach Inkrafttreten des EPG die Möglichkeit, eine Opt-out-Erklärung für europäische Patente abzugeben. Das würde bedeuten, dass Patentinhaber den europäischen Patentschutz für die jeweiligen EU-Staaten beantragen, aber keinen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen. Dadurch besteht der Schutz nicht als einheitliches Patent, das in mehreren Ländern gilt, sondern als ein Bündel nationaler Patente, für die die Patentgerichte der jeweiligen Länder zuständig sind. Auf diese Weise können Patentinhaber verhindern, dass Dritte in allen 17 EU-Staaten mit nur einem einzigen Gerichtsverfahren gegen ein Einheitspatent vorgehen können.
Patentinhaber können den Opt-out-Antrag allerdings nur dann stellen, wenn noch kein Verfahren gegen das entsprechende Patent läuft. Zudem gilt die Erklärung für die gesamte Laufzeit des Patents (maximal 20 Jahre) und kann nur einmalig mit einer Opt-in-Erklärung rückgängig gemacht werden.
Ob die europäische Gerichtsbarkeit oder die Sicherheit deutscher Verfahren für Sie als Patentinhaber sinnvoller ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Kontaktieren Sie gerne unsere erfahrenen Patentanwälte für eine individuelle Beratung!
Was kostet das Einheitspatent?
Für Einheitspatente wird eine Jahresgebühr fällig, die per Kreditkarte, Überweisung oder Abbuchung in Euro zentral an das Europäische Patentamt (EPA) gezahlt wird. Die Kosten für das Einheitspatent sind dabei meist niedriger als die Kosten für einzelne europäische Patente (EP). Dies liegt daran, dass beim EP neben der Jahresgebühr zusätzliche Kosten für die Validierung und Aufrechterhaltung der Patente, also für Übersetzungen, Gebühren der nationalen Patentämter und für Patentanwälte, berücksichtigt werden müssen
Für das zweite Jahr:
- Einheitspatent: Die Jahresgebühr für das 2. Jahr für das Einheitspatent beträgt lediglich 35 €. Dies deckt den Patentschutz in allen 17 teilnehmenden Staaten ab.
- Europäisches Patent (17 Staaten): Im gleichen Zeitraum fallen bei einem europäischen Patent, das in den 17 durch das Einheitspatent abgedeckten Staaten gültig ist, insgesamt 146 € an Gebühren an.
- Europäisches Patent (25 Staaten): Wenn das europäische Patent in den 25 Staaten gilt, die an der verstärkten Zusammenarbeit teilnehmen, belaufen sich die Gebühren für das zweite Jahr auf 223 €.
Für die maximale Laufzeit von 20 Jahren:
- Einheitspatent: Über die gesamte Laufzeit von 20 Jahren erhöhen sich die Jahresgebühren kontinuierlich und die Gebühren für das Einheitspatent summieren sich auf 35.555 €. Damit haben die Patentinhaber einen umfassenden Patentschutz in allen 17 teilnehmenden Staaten.
- Europäisches Patent (17 Staaten): Im Vergleich dazu belaufen sich die Gesamtkosten für ein europäisches Patent, das in den gleichen 17 Staaten gilt, auf 116.688 € über 20 Jahre.
- Europäisches Patent (25 Staaten): Wenn das europäische Patent in allen 25 Staaten gültig ist, die an der verstärkten Zusammenarbeit teilnehmen, steigen die Gesamtgebühren auf 161.305 € über die gesamte Laufzeit.
Bei einer Laufzeit von 20 Jahren zeigt sich die Kostenersparnis besonders deutlich. Während die Gebühren für das Einheitspatent relativ konstant bleiben, steigen die Kosten für europäische Patente mit der Anzahl der beteiligten Staaten stark an.
Gut zu wissen: KMU können von verschiedenen Gebührenreduzierungen profitieren. Unsere erfahrenen Patentanwälte beraten Sie gerne.
Eine Übersicht der Jahresgebühren (Stand 1. August 2023), der Gesamtkosten für Einheitspatente sowie der geschätzten Gesamtkosten für die Validierung und Aufrechterhaltung von Einheitspatenten und europäischen Patenten finden Sie beim Europäischen Patentamt.
Was sind die Vor- und Nachteile des Einheitspatents?
Die Vorteile des Einheitspatents liegen im reduzierten Verwaltungsaufwand und geringeren Kosten. Nachdem ein europäisches Patent erworben wurde, kann der einheitliche Patentschutz mit nur einem Antrag auf 17 europäische Staaten ausgeweitet werden. Statt die Jahresgebühr in unterschiedlichen Währungen an die nationalen Patentämter zu zahlen, wird die Jahresgebühr für das Einheitspatent zentral in Euro an das Europäische Patentamt entrichtet. Damit reduzieren sich die Gesamtkosten, die durch Validierung und Aufrechterhaltung von Patenten entstehen.
Gleichzeitig ist mit dem Einheitliche Patentgericht eine übernationale Instanz geschaffen worden, die Entscheidungen trifft, die in allen beteiligten Staaten rechtskräftig sind. Die Rechtsprechung der beteiligten Staaten bei Patentverletzungen und der Rechtsgültigkeit von Patenten wurden zudem harmonisiert, was Gerichtsverfahren einfacher, schneller und effizienter macht.
Was bei der Durchsetzung eines eigenen Patents von Vorteil ist, kann sich bei Klagen durch Dritte allerdings als nachteilig erweisen. So können Kläger vor dem EPG in nur einem Gerichtsverfahren den Widerruf eines Patents in 17 EU-Staaten erwirken. Schutz bietet hier die Opt-out-Erklärung, die die Zuständigkeit des EPG ausschließt. Ob diese Erklärung sinnvoll ist, hängt dabei vom individuellen Fall ab.
Vorteile des Einheitspatents: | Nachteile des Einheitspatents: |
Reduzierter Verwaltungsaufwand: Mit einem einzigen Antrag kann der Patentschutz auf 17 europäische Staaten ausgeweitet werden. | Risiko bei Anfechtungen: Bei Klagen durch Dritte kann ein Patent durch ein einziges Gerichtsverfahren vor dem EPG in allen 17 EU-Staaten widerrufen werden. |
Geringere Kosten: Zentralisierte Zahlung der Jahresgebühr in Euro an das Europäische Patentamt, wodurch Kosten für Validierung und Aufrechterhaltung gesenkt werden. | Abhängigkeit von übernationalen Instanzen: Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts sind in allen beteiligten Staaten rechtskräftig, was in bestimmten Fällen nachteilig sein kann |
Einheitliche Rechtsprechung: Das Einheitliche Patentgericht (EPG) sorgt für harmonisierte Entscheidungen bei Patentverletzungen und der Rechtsgültigkeit von Patenten, was Verfahren schneller und effizienter macht. | Opt-out-Erklärung erforderlich: Um das Risiko zu minimieren, muss eine Opt-out-Erklärung abgegeben werden, um die Zuständigkeit des EPG auszuschließen. Ob diese Erklärung sinnvoll ist, hängt dabei vom individuellen Fall ab |
RGTH: Kompetente Beratung rund um das Einheitspatent
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