Schutzrechte für KI-Patente: Sind KI-Erfindungen patentierbar?

In den letzten Jahren haben KI-Technologien enorm an Bedeutung gewonnen und unseren Alltag durch bahnbrechende Anwendungen grundlegend verändert. Doch wie sieht es eigentlich mit dem Schutz des geistigen Eigentums bei KI-Erfindungen aus? Sind KI-Patente nach aktuellem Patentrecht überhaupt möglich? Die spannenden Fragen, ob eine KI Erfinder oder Urheber sein kann, ob sie rechtsfähig ist und wie KI-Erfindungen durch Patente geschützt werden können, möchten wir in diesem Blogbeitrag beleuchten.

Benötigen Sie Unterstützung bei der Anmeldung eines KI-Patents? Unsere erfahrenen Patentanwälte für Software stehen Ihnen gerne zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine erste Beratung!

Inhaltsverzeichnis

  1. Hintergrund: Was ist KI?
  2. Patente für Künstliche Intelligenz
  3. Erfinderische Tätigkeit bei KI-Erfindungen
  4. Der Comvik-Ansatz in der Rechtsprechung
  5. Kann eine KI Erfinder sein?
  6. RGTH: Patentanwälte für Künstliche Intelligenz

Hintergrund: Was ist KI?

Künstliche Intelligenz begegnet uns bereits seit vielen Jahren in zahlreichen Bereichen. Einfache Beispiele für KI finden sich im Internet: Suchmaschinen, Spamfilter, Übersetzungstools, Tools zur Texterstellung oder Empfehlungen – sei es für Kaufentscheidungen oder auch für die nächste Serie bei Netflix und Co. Weitere Beispiele für KI-Anwendungen sind autonomes Fahren, Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR), die digitale Welten erschaffen, Navigationssysteme, die uns den effizientesten Weg weisen, oder Smart-Home-Lösungen, die Strom-, Heizungs- oder Wasserverbrauch steuern. Nicht zuletzt haben in den letzten Jahren auf Sprachmodellen basierende KI-Anwendungen wie ChatGPT und Co. für Aufsehen gesorgt – und wurden der breiten Öffentlichkeit zugänglich.

Diese KI-Lösungen haben eines gemeinsam: Es handelt sich um künstliche neuronale Netze und Algorithmen, die mithilfe von Daten trainiert werden, um Muster zu erkennen, zu analysieren und zu interpretieren. Auf dieser Basis sind KI-Anwendungen in der Lage, eigenständig Entscheidungen zu treffen und intellektuelle Aufgaben wie logisches Denken, Lernen oder Problemlösungen zu übernehmen.

Die Neuerung bei ChatGPT: Nun können sich Anwender mit der KI in natürlicher Sprache via Chat-Funktion „unterhalten“, ohne tiefgehende Coding-Kenntnisse zu haben.

Der Unterschied zwischen „starker“ und „schwacher“ KI

Betrachtet man die KI-Anwendungen, die wir heute kennen, sprechen wir üblicherweise von einer schwachen KI. Computer und Maschinen automatisieren Aufgaben, verbessern die Effizienz und Genauigkeit in verschiedenen Bereichen und können so menschliche kognitive Prozesse teilweise nachahmen. Sie sind darauf trainiert, spezifische Aufgaben zu übernehmen. Entsprechend können sie nur in den Bereichen, für die sie entwickelt wurden, effektiv arbeiten oder konkrete Anwendungsprobleme lösen.

Was der schwachen KI fehlt, sind Kreativität, allgemeines Verständnis und ein eigenes Bewusstsein. KI-Anwendungen, die über diese Eigenschaften verfügen, könnten in der Lage sein, intellektuelle Aufgaben auf einem dem Menschen vergleichbaren Niveau zu lösen, sich an neue Situationen anzupassen und unabhängige Entscheidungen zu treffen. In diesem Fall würde man von einer starken KI sprechen. In Science-Fiction-Filmen ist sie bereits Realität, in der Praxis existiert diese universelle Intelligenz bisher noch nicht. Sie ist vielmehr ein theoretisches Konzept – ihre Entwicklung ist das langfristige Ziel der KI-Forschung.

Patente für Künstliche Intelligenz

Schwache KI beruht auf computerimplementierten Erfindungen, die oft durch Software umgesetzt werden. Solche Lösungen können allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen patentrechtlich geschützt werden. Denn laut den geltenden Schutzvoraussetzungen des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) sind Patentanmeldungen für mathematische Methoden und Computerprogramme nur begrenzt möglich: Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) schließt mathematische Methoden, Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten vom Patentschutz aus, wenn diese „als solche“ beansprucht werden.

Die Relevanz des Themas zeigt sich darin, dass weltweit immer mehr KI-Patente angemeldet werden. Spitzenreiter war China mit über 38.000 Patenten im Bereich generative KI in den letzten zehn Jahren. In den USA wurden 6.300 Patente angemeldet und in Deutschland 708. Besonders auffällig: Mehr als ein Viertel dieser Patentanmeldungen wurden allein im vergangenen Jahr eingereicht.

Unsere erfahrenen Patentanwälte für Künstliche Intelligenz unterstützen Sie gerne bei der Anmeldung von Patenten.

Wann sind KI-Erfindungen patentierbar?

Um Schutzrechte für KI-Lösungen beim Patentamt zu erhalten, muss die KI technische Mittel erfordern, um einen Beitrag zur Lösung eines konkreten technischen Problems zu leisten. Das heißt, dass Computerprogramme, die auf KI-basierte Erfindungen aufbauen, patentierbar sind, wenn diese Erfindung:

  • über ein rein abstraktes oder intellektuelles Konzept hinausgeht
  • mithilfe eines Computers, eines Computernetzwerkes oder eines anderen programmierbaren Geräts mit technischer Wirkung ausgeführt wird und
  • einen technischen Charakter aufweist.

Zudem können nur für finale KI-Anwendungen Patente angemeldet werden. Für die einzelnen Entwicklungsstufen KI-basierter Lösungen kann kein Patentschutz beantragt werden. Darüber hinaus können KI-Erfindungen nur dann Gegenstand eines Patents sein, wenn sie die grundsätzlichen Voraussetzungen der Patentierbarkeit des Europäischen Patentamtes (EPA) erfüllen. Sie müssen demnach neu sein, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sein.

Erfinderische Tätigkeit bei KI-Erfindungen

Obwohl die Patentierbarkeit von KI in den EPA-Prüfungsrichtlinien zugelassen ist, fällt die Beurteilung, ob Patentanmeldungen im Bereich der KI erfolgreich sind, häufig schwer. Grundsätzlich gilt, dass eine erfinderische Tätigkeit vorliegt, wenn sich eine Erfindung nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Aber: Nicht selten wird die erfinderische Tätigkeit durch den Stand der Technik infrage gestellt.

Für die Prüfung wird vom Wissen eines Fachmanns ausgegangen: Dabei handelt es sich um einen oder mehrere erfahrene Fachleute, die über durchschnittliche Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem jeweiligen Gebiet der Technik verfügen und wissen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt zum allgemein üblichen Wissensstand auf dem betreffenden Gebiet gehört.

Bisweilen wird angenommen, dass der Einsatz von KI zu einem umfangreicheren Stand der Technik führt. Je leistungsstärker KI wird, desto mehr wird sie standardmäßig eingesetzt und desto mehr Patentanmeldungen sind in der Zukunft auf diesem Gebiet zu erwarten. Dies könnte die positive Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit zusätzlich erschweren. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob eine KI in naher Zukunft kreativ genug sein wird, um überhaupt Gegenstände hervorzubringen, die den hohen Anforderungen an eine erfinderische Tätigkeit genügen.

Diese Aspekte sind nicht nur bei einer Patentanmeldung relevant, sondern auch bei der Anmeldung von Gebrauchsmustern oder wenn Anmelder ein Geschmacksmuster schützen wollen.

Der Comvik-Ansatz in der Rechtsprechung

Um die Beurteilung zu vereinfachen, wird in der Rechtsprechung mittlerweile der sogenannte „Comvik-Ansatz“ angewandt. Dieser beurteilt die erfinderische Tätigkeit, indem nur die Unterschiede zum nächstliegenden Stand der Technik berücksichtigt werden, die zum technischen Charakter einer Erfindung beitragen. Es werden sowohl technische als auch nichttechnische Merkmale einer Erfindung berücksichtigt, sofern diese allein oder in Kombination eine technische Aufgabe lösen.

Kann eine KI Erfinder sein?

Neben der Frage, ob eine KI patentierfähig ist, stellt sich in Anbetracht der fortschreitenden Entwicklung auch die Frage, ob eine KI als Erfinder gelten kann.

Grundsätzlich werden bei KI-Erfindungen drei Kategorien unterschieden:

  1. Erfindungen, die von KI entwickelt wurden und eigenständig in der Lage sind, Aufgaben zu identifizieren und zu lösen.
  2. Erfindungen, die auf menschlicher Intelligenz beruhen und mithilfe Künstlicher Intelligenz überprüft werden.
  3. Erfindungen, bei denen Menschen KI einsetzen, um eine bestimmte Aufgabe zu lösen.

Die Wissenschaft ist sich einig, dass Erfindungen der dritten Kategorie, die unabhängig vom Menschen hervorgebracht werden, derzeit noch Zukunftsmusik sind. Dementsprechend gilt bisher, dass bei KI-Erfindungen nach wie vor nur eine natürliche Person als Erfinder ein Patent anmelden kann. Eine KI kann also selbst nach geltendem Recht keine Schutzrechte anmelden. Sie gilt nicht als eigenständiges Rechtssubjekt, sondern lediglich als Werkzeug des Erfinders.

KI als Erfinder: Aktuelle Rechtsprechung des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH, X ZB 5/22) entschied im Juni 2024, dass nur natürliche Personen als Erfinder anerkannt werden. Die Angabe einer KI als alleiniger Erfinder verstößt gegen § 37 Abs. 1 PatG. Ein menschlicher Beitrag bleibt somit Voraussetzung – auch wenn Künstliche Intelligenz die Entwicklung der Erfindung unterstützt hat. Hinweise auf den Einsatz von KI können zwar als Ergänzung angegeben werden, dennoch ist die Nennung eines menschlichen Erfinders verpflichtend.

Ausblick: KI und ihre rechtliche Anerkennung

KI ist also nach aktueller Rechtsprechung nicht rechtsfähig. Dies bedeutet aber nicht, dass maschinengenerierte Erfindungen, die von einer KI entwickelt wurden, vom Patentschutz ausgeschlossen sind. Allerdings können die Schutzrechte derzeit nur von natürlichen Personen beansprucht werden.

Die Rechtslage kann sich jedoch ändern, wenn es der KI-Forschung gelingt, die schwache KI zu einer starken KI weiterzuentwickeln und aus dem theoretischen Konzept Realität werden zu lassen. Gelingt es der KI schöpferische und kreative Fähigkeiten zu entwickeln, würde dies die Frage aufwerfen, ob sie über ein eigenes Bewusstsein verfügt und der menschlichen Intelligenz rechtlich gleichgestellt werden müsste. Auch die Beurteilung, ob KI rechtsfähig ist und damit Erfinder, Urheber oder Anmelder eines Patents sein kann, müsste dann überdacht werden.

RGTH: Patentanwälte für Künstliche Intelligenz

Sie benötigen Unterstützung rund um die Anmeldung eines KI-Patents? Unsere Patentanwälte für Software sind insbesondere auf die Bereiche Künstliche Intelligenz, computerimplementierte Erfindungen und Cloud Computing spezialisiert und stehen Ihnen in allen Fragen rund um das Patent- und Schutzrecht für KI-Erfindungen zur Seite. Angefangen bei der Beurteilung der Patentierfähigkeit über die Erstellung einer Patenstrategie bis hin zur Patentanmeldung begleiten Sie unsere Patentanwälte bei der Durchsetzung Ihrer Schutzrechte.


M. Sc. Jaewuk Kim

M. Sc. Jaewuk Kim

Jaewuk Kim (Partner & Director of Korean Desk) ist Deutscher Patentanwalt und ist zugelassen vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem deutschen Bundespatentgericht, dem Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum sowie der Weltorganisation für geistiges Eigentum.

Disclaimer: Die vorstehenden Informationen ersetzen keine rechtliche Beratung. Es besteht keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner